Präkolumbische Häuptlingssiedlungen mit Steinkugeln der Diquis
Die Steinkugeln Bolas de Piedra stammen aus der präkolumbianischen Diquis-Kultur und wurden von den indigenen Ureinwohnern im Süden Costa Ricas zwischen 500 und 1.500 n. Chr. angefertigt. Dabei handelt es sich um einzigartige Relikte aus dem tropischen Regenwald, die zu den außergewöhnlichsten und zugleich rätselhaftesten archäologischen Entdeckungen des amerikanischen Kontinents zählen. Einst dienten die kunstvollen Steinkugeln Stammeshäuptlingen als Status- und Machtsymbole. Gleichzeitig gibt es Hinweise auf eine kosmische Bedeutung sowie auf eine spirituelle Funktion innerhalb der hierarchischen Siedlungsgemeinschaften.
Heute stellen die historischen Artefakte als Weltkulturerbe das nationale Symbol des Landes dar. Insgesamt sind 350 Exemplare bekannt, welche sich in puncto Größe und Gewicht voneinander unterscheiden. Die Nominierung zum Weltkulturerbe bezieht sich auf vier zentrale Fundstätten, zu denen neben Finca 6 und Batambal die Standorte El Silencio und Grijalba-2 zählen.
Warum sind die Steinkugeln aus Costa Rica als Welterbe einzigartig?
Aufgrund ihrer Anzahl, Größe und geometrischen Beschaffenheit sind die imposanten Steinkugeln aus Costa Rica ein unvergleichliches Zeugnis, das es ausschließlich in diesem Teil der Erde gibt. Als Hinterlassenschaft der untergegangenen Diquis-Kultur geben die geheimnisvollen Kugeln Einblicke in die gesellschaftlichen Strukturen präkolumbianischer Häuptlingssiedlungen und spiegeln deren soziale sowie politische Organisation wider. Im Wesentlichen symbolisierten die Kugeln die verschiedenen Ebenen der von den Häuptlingstümern eingerichteten Machtzentren innerhalb der hierarchischen Ordnung. Diese Eigenschaften entsprechen dem Kriterium (iii) und begründen die Anerkennung als UNESCO-Weltkulturerbe. Darüber hinaus unterliegen die Fundstätten sowie die Steinkugeln einem Managementsystem, das die langfristige Erhaltung und Pflege sicherstellt. Für die Verwaltung aller Standorte ist das in der Hauptstadt San José ansässige Nationalmuseum Museo Nacional de Costa Rica verantwortlich. Auf der Grundlage dieser Maßnahmen wurden die kulturellen Relikte der Diquis als Unesco Welterbe Costa Rica im Jahr 2014 in die internationale Liste aufgenommen.
Die Geschichte der Bolas de Piedra
Mit flächendeckenden Rodungsarbeiten beginnt im Urwald von Costa Rica in den 1930er-Jahren die Erforschung der Bolas de Piedra. Zu dieser Zeit legte der US-amerikanische Lebensmittelkonzern United Fruit Company große Waldflächen für den Anbau von Bananenplantagen frei. Dieses Projekt brachte die großen Steinkugeln aus vergangener Zeit zum Vorschein. Als Doris Stone, die Tochter des damaligen Direktors, die Wissenschaft auf die Steinkugeln aufmerksam machte, markierte dies den Startschuss für einen der rätselhaftesten Fälle der Archäologie. Im Zuge systematischer Forschung erfolgte im Jahr 1943 die Veröffentlichung der ersten Forschungsergebnisse. Einer der bis dato stärksten Thesen zur Entstehung besagte, dass die runde Form der Steine über Jahrtausende durch die Strömung des Flusswassers geformt wurde. Allerdings beweisen Spuren von Steinwerkzeugen, dass die Relikte menschlichen Ursprungs sind. Gemäß modernen Ultraschallmessungen weisen die Steinkugeln ein Gewicht von bis zu 16 Tonnen auf. Mittlerweile sind noch wenige der gefundenen Exemplare an ihrem ursprünglichen Fundort wie im Gebiet Finca 6 zu finden.